Dienstag, 18. Oktober 2016

Das Geheimnis des Glücks - Frieden.



Das Geheimnis des Glücks

All das sind Annahmen, unerforschte Gedanken, die mit der Wirklichkeit verwechselt werden. Es sind
Geschichten, die das Ego erfindet, um dich davon zu überzeugen, dass du im Augenblick nicht im
Frieden und nicht ganz du selbst sein kannst.

Im Frieden mit dir zu sein und der zu sein, der du bist, ist ein und dasselbe.

Das Ego sagt: »Vielleicht kann ich irgendwann in Zukunft Frieden finden - vorausgesetzt, dies oder das oder jenes geschieht und ich bekomme dieses oder werde jenes.«
Oder es sagt: »Ich werde nie Frieden finden, weil irgendetwas in der Vergangenheit geschehen ist, das mich
daran hindert.« 

Hör dir die Geschichten der Leute an,
sie könnten alle die Überschrift tragen: »Warum ich im Augenblick keinen Frieden finde«.
Das Ego weiß nicht, dass das Jetzt deine einzige Chance ist, Frieden zu finden.
Oder es weiß es doch, hat aber Angst, du könntest es herausfinden.
Frieden bedeutet schließlich sein Ende.

Wie findest du jetzt Frieden?

Indem du Frieden mit dem gegenwärtigen Augenblick schließt.
Der gegenwärtige Augenblick ist das Feld, auf dem sich das Spiel des Lebens entfaltet.
Es kann sich nirgendwo sonst entfalten.

Hast du Frieden mit dem gegenwärtigen Augenblick geschlossen, dann sieh,
was geschieht und was du tun kannst oder willst bzw. was das Leben durch dich tut.

In vier Worten liegt das Geheimnis der Lebenskunst,
das Geheimnis allen Erfolgs und Glücks: eins mit dem Leben. 

Eins mit dem Leben zu sein heißt eins mit dem Jetzt zu sein.
Dann wird dir klar, dass nicht du dein Leben lebst,
sondern dass das Leben dich lebt. 
Das Leben ist der Tänzer, und du bist der Tanz.



Das Ego liebt seinen Groll über die Wirklichkeit.
Was ist Wirklichkeit?
Das, was ist. Buddha nannte sie Tathata - das Sosein des Lebens,
das nichts anderes ist als das Sosein dieses Augenblicks.

Das Opponieren gegen das Sosein ist eines der Hauptmerkmale des Ego.
Es erzeugt die Negativität, durch die das Ego gedeiht, das Unglücklichsein, das es liebt.
Auf diese Weise bringst du Leid über dich und andere
und weißt es nicht einmal, weißt nicht, dass du die Hölle auf Erden schaffst.
Leiden zu verursachen, ohne es zu merken - das ist das Wesen unbewussten Lebens;
dabei hat dich das Ego fest im Griff. 

Wie groß die Unfähigkeit des Ego ist,
sich selbst zu erkennen und zu sehen, was es anrichtet, ist unglaublich und erschütternd.
Es tut nämlich genau das, was es bei anderen verurteilt, und bemerkt es nicht. 

Wird es darauf hingewiesen, streitet es alles verärgert ab und führt clevere Argumente und
Rechtfertigungen an, mit denen es die Fakten verzerrt. So machen es Menschen, Unternehmen und
Regierungen. Wenn alles andere versagt, nimmt das Ego Zuflucht zum Schreien und schreckt am Ende
auch vor physischer Gewalt nicht zurück. Es schickt die Kampftruppen vor.


Jetzt verstehen wir die tiefe Weisheit in den Worten Jesu am Kreuz:
»Vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.«



Um dem Elend, das die Menschen seit Tausenden von Jahren quält, ein Ende zu bereiten,
musst du bei dir selbst anfangen und in jedem Augenblick die Verantwortung für deinen inneren Zustand
übernehmen. Das heißt: jetzt. Frage dich: »Gibt es in diesem Augenblick Negativität in mir?« 

Sei wachsam und achte sowohl auf deine Gedanken als auch auf deine Emotionen.
Hüte dich vor dem unterschwelligen Unglücklichsein in einer der zuvor bereits erwähnten Formen wie Unzufriedenheit, Nervosität, Gereiztheit usw. Achte auf Gedanken, die dieses Unglücklichsein zu erklären oder zu rechtfertigen versuchen, obwohl sie es in Wirklichkeit selbst verursachen.

In dem Augenblick,
in dem dir eine negative Regung in deinem Innern bewusst wird, hast du nicht etwa versagt.
Im Gegenteil, du warst erfolgreich! 

Solange diese Bewusstheit noch nicht eingetreten ist,
besteht eine Identifikation mit dem inneren Zustand, und hinter dieser Identifikation steckt das Ego.

Zugleich mit der Bewusstheit setzt die Aufhebung der Identifikation mit Gedanken, Emotionen und
Reaktionen ein. Dies darf nicht mit Verleugnung verwechselt werden. Vielmehr werden die Gedanken,
Emotionen und Reaktionen erkannt, und schon setzt automatisch die Ablösung davon ein.
Dann vollzieht sich ein Umschwung in deinem Selbstgefühl, in dem Gefühl, wer du bist:
Vorher warst du die Gedanken, Emotionen und Reaktionen; jetzt bist du die Bewusstheit, die wache Präsenz, die diese Zustände beobachtet.


»Eines Tages werde ich frei sein vom Ego.«
Wer sagt das?
Das Ego.

Vom Ego loszukommen ist keine so große Sache, eher eine Kleinigkeit.
Du brauchst dir nur deiner Gedanken und Emotionen bewusst zu sein - während sie in dir aufsteigen.
Das ist kein richtiges »Tun«, sondern eher ein waches »Sehen«.
In diesem Sinne stimmt es, dass du nichts tun kannst, um vom Ego frei zu kommen.
Wenn sich der Wechsel vollzieht, ein Wechsel vom Denken zur Bewusstheit,
wird eine Intelligenz, die viel größer ist als die Cleverness des Ego, in deinem Leben wirksam.

Durch Bewusstheit werden Emotionen und sogar Gedanken entpersönlicht.
Ihre eigentliche Unpersönlichkeit wird erkannt.
Sie sind vom Selbst befreit.
Sie sind einfach nur menschliche Emotionen und menschliche Gedanken.
Deine ganze persönliche Geschichte, die letztlich auch bloß eine Geschichte ist, ein Bündel von Gedanken und Emotionen, hat nur noch untergeordnete Bedeutung und besetzt nicht länger die vorderste Front des Bewusstseins. Sie bildet nicht länger die Grundlage deines Identitätsgefühls.
Du bist das Licht der Präsenz,
die Bewusstheit, die allen Gedanken und Empfindungen vorausgeht und tiefer ist als sie.


Eckhart Tolle – Eine neue Erde – 14.5.2014

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